Haltelinien für Sachsens Krankenhäuser – Notfall-Polikliniken einführen, Profite verbieten!, mit Sören Pellmann

Die Pläne der Bun­desregierung, die Kranken­haus­fi­nanzierung neu zu ord­nen und Kranken­hausleis­tun­gen zu zen­tral­isieren, wer­den auch Sach­sens Kranken­häuser betr­e­f­fen. Für diese Debat­ten hat die Links­frak­tion im Säch­sis­chen Land­tag in einem Posi­tion­spa­pi­er sechs Hal­telin­ien for­muliert. Dazu sagt die gesund­heit­spoli­tis­che Sprecherin Susanne Schaper:

„1990 gab es in Sach­sen 125 Kranken­häuser, 77 sind übrig. Ver­glichen mit anderen Bun­deslän­dern sind die Kapaz­itäten bere­its auf ein Niveau gesunken, das nicht unter­schrit­ten wer­den kann. Kranken­haus­stan­dorte haben nicht nur genug Bet­ten vorzuhal­ten, son­dern sie müssen auch ver­lässliche Anlauf­stellen für den Ret­tungs­di­enst und die Not­fal­lver­sorgung der Bevölkerung sein. Alle Stan­dorte müssen bleiben, auch wenn sich das Leis­tungsange­bot ändert!

Es ist sin­nvoll, Spezial­be­hand­lun­gen zu konzen­tri­eren. Allerd­ings muss das dichtere Netz der Stan­dorte für die ambu­lante sowie für die 24/7‑Notfallversorgung mit sta­tionären Bet­ten erhal­ten bleiben. Polik­liniken sind ein guter Weg: Sie verbinden ambu­lante mit sta­tionären Ange­boten, bün­deln ärztliche Exper­tise und erle­ichtern die Diag­nos­tik. Wir im Osten haben damit pos­i­tive Erfahrun­gen. Allerd­ings soll­ten Polik­liniken nicht nur tagsüber geöffnet sein: Es soll auch eine aus­re­ichende Zahl an Polik­liniken geben, die rund um die Uhr erre­ich­bar sind. Dazu sind eine Notauf­nahme samt Not­fal­lam­bu­lanz mit Chirurgie und Inner­er Medi­zin sowie besten­falls weit­ere Fach­bere­iche mit aus­re­ichen­der Bet­ten­zahl vorzuhal­ten.

Kranken­häuser sind in öffentlich­er Hand gut aufge­hoben. Wo nötig, wollen wir Pri­vatisierun­gen rück­gängig machen. Gewin­nauss­chüt­tun­gen oder Eigenkap­i­talverzin­sun­gen aus Kranken­häusern wollen wir ver­bi­eten. Ein Bun­des­fonds soll Län­der und Kom­munen dabei unter­stützen, Kranken­häuser zu rekom­mu­nal­isieren. Der Freis­taat Sach­sen muss ein Son­derver­mö­gen von min­destens 100 Mil­lio­nen Euro zur Ver­fü­gung stellen und endlich seine Pflicht erfüllen, die Kranken­haus-Investi­tio­nen auskömm­lich zu finanzieren.

Es ist prob­lema­tisch, dass nur tat­säch­lich erbrachte Gesund­heit­sleis­tun­gen bezahlt wer­den, wie das im Sys­tem der Fall­pauschalen der Fall ist. Sach­sen muss dafür ein­treten, dass grund­sät­zlich das Vorhal­ten von Behand­lun­gen vergütet wird und die Fall­pauschalen abgeschafft wer­den. Wir fordern kranken­hausin­di­vidu­elle Bud­gets, die jährlich mit den Kos­ten­trägern ver­han­delt wer­den. Im Mit­telpunkt darf nur das Wohl der Pati­entin­nen und Patien­ten ste­hen, nicht das finanzielle Wohl von Kranken­hauskonz­er­nen!“

Sören Pell­mann, Sprech­er der LINKEN Bun­destagsab­ge­ord­neten aus Ost­deutsch­land, fügt hinzu:

„Nötig ist ein Sys­temwech­sel, der den ökonomis­chen Druck von den Kranken­häusern nimmt. Es war ein Fehler, sie in einen wirtschaftlichen Wet­tbe­werb zu zwin­gen und damit Prof­ite wie Insol­ven­zen zu ermöglichen. Die Auseinan­der­set­zung zwis­chen Bund und Län­dern ist ein inhalt­sleeres Kom­pe­ten­zgerangel. Wir wer­den uns gegen eine Reform stellen, die aus Kosten­grün­den Kranken­häuser schließt. In höch­stens 30 Minuten muss ein Ver­sorgungszen­trum der Primär- und Not­fal­lver­sorgung erre­ich­bar sein. Das betrieb­swirtschaftliche Ziel ist es, die Ver­sorgungsziele voll­ständig zu erre­ichen – bei effizien­ter Betrieb­s­führung, aber ohne Prof­ite.

Wir wollen betrieb­swirtschaftliche Ein­flüsse abschaf­fen und bun­de­sein­heitliche Qual­ität­skri­te­rien fes­tle­gen, nach denen Leis­tun­gen anzu­bi­eten sind. Nur die Selb­stkosten eines wirtschaftlich arbei­t­en­den Kranken­haus­es wer­den gedeckt, wie es bis 1991 bere­its der Fall war. Die Bun­desregierung will hinge­gen am Sys­tem der Fall­pauschalen fes­thal­ten: Die Kranken­häuser bleiben darauf angewiesen, viele gewinnbrin­gende Fälle zu erzie­len. Das führt ein­er­seits zur Strate­gie, auf möglichst viele lukra­tive Diag­nosen und Behand­lun­gen zu set­zen. Ander­er­seits ist es für Kranken­häuser anger­at­en, ver­lust­brin­gende Behand­lun­gen zu ver­mei­den. Über medi­zinis­che Maß­nah­men muss aber frei von betrieb­swirtschaftlichem Kalkül entsch­ieden wer­den!

Die Bun­desregierung will, dass pri­vate Träger weit­er Prof­ite aus den Kranken­häusern ziehen kön­nen. Konzen­tra­tionsprozesse im Rah­men der Reform kön­nten dieses Prob­lem sog­ar ver­größern. Zudem wird die Konzen­tra­tion auf lukra­tive Felder nicht eingedämmt. Diese Prozesse sind der Haupt­grund dafür, dass kom­mu­nale Großver­sorg­er Ver­luste machen, während viele pri­vate Häuser Gewinne erzie­len. Wir set­zen hinge­gen auf starke kom­mu­nale Häuser und nehmen anders als Gesund­heitsmin­is­ter Karl Lauter­bach die Arbeits­be­din­gun­gen in den Blick. Solange die Kranken­hausleitun­gen gezwun­gen sind, möglichst viele möglichst schwere ‚Fälle‘ mit möglichst wenig Per­son­al zu bear­beit­en, ist eine Per­son­albe­mes­sung in allen Bere­ichen notwendig. Die Beschäftigten brauchen drin­gend Ent­las­tung. Die Voraus­set­zung dafür sind verbindliche und bedarf­s­gerechte geset­zliche Per­son­alvor­gaben für alle Beruf­s­grup­pen.“